Apnoeische Oxygenierung in der Kinderanästhesie
Das Konzept der apnoeischen Oxygenierung klingt erstmal verwirrend: Obwohl ein Patient nicht atmet, erfolgt trotzdem eine Aufnahme von Sauerstoff und in Extremfällen eine suffiziente Oxygenierung über 10 Minuten oder sogar deutlich länger. Die zugrunde liegenden Vorgänge sind einfach, jedoch zunächst nicht offensichtlich.
Apnoeische Oxygenierung: So funktionert's
Selbst wenn keine Atmung stattfindet, nimmt das sauerstoffarme Blut in der Lunge Sauerstoff aus der Luft auf. Die grundsätzliche Physiolgie des Gasaustausches in den Alveolen funktioniert ja auch ohne Atembewegungen. Durch die Aufnahme von Sauerstoff aus den Alveolen ins Blut verringert sich das Luftvolumen in den Alveolen. Es entsteht eine Druckreduktion in den Luftwegen. Anders gesagt entsteht ein Druckgefälle zwischen Alveolen und den oberen Atemwegen und Luft aus den oberen Atemwegen strömt entlang dieses Gefälles in die Alveolen und kann dort weiteres Blut ocygenieren.
Die Menge des so aufgenommenen Sauerstoffs ist natürlich geringer als bei einer suffizienten Atembewegung, die ständig "frischen" Sauerstoff nachliefert. Wenn jedoch das aus den oberen Atemwegen nachströmende Gas einen hohen Sauerstoffanteil hat - zum Beispiel indem man den Nasopharynx mit Sauerstoff über eine Sonde "flutet" oder dem Patienten 100% Sauerstoff mit einer eng sitzen Maske vorhält - dann kann die so aufgenommene Sauerstoffmenge ausreichen, um den Patienten über eine längere Zeit ausreichend zu oxygenieren.
Apnoeische Oxygenierung - ein Ass im Ärmel
Die Technik der apnoeischen Oxygenierung kann man sich auch im Routinebetrieb sehr einfach zu Nutze machen. Dafür muss lediglich via Nasenbrille oder eines Katheters eine Sauerstoffinsufflation in den Nasopharynx mit einem Fluss von 4l/Minute erfolgen. Wir realisieren dies durch einen Absaugkatheter, der im Mund oder in einem Nasenloch platziert wird. Gerade bei Kindern unter 4 Jahren halte ich es für fahrlässig, die Nutzung der apnoeischen Oxygenierung nicht zumindest in Erwägung zu ziehen. Man erreicht so mit einfachen Mitteln eine deutlich entspanntere Situation während der Laryngoskopie oder Intubation. Die Zeit bis zu einem Abfall der Sauerstoffsättigun nach Sistieren der Spontanatmung ist deutlich verlängert. Die Effekte der Technik der apnoeischen Oxygenierung konnten Anfang 2024 auch in einer umfassenden Übersictsarbeit bestätigt werden: Fuchs und Kollegen berichteten im British Journal of Anesthesia, dass die Meta-Analyse der verfügbaren Studien eine signifikant erfolgreichere Intubation im ersten Versuch als Effekt der apnoeischen Oxygenierung zeigt. Weiterhin kann durch die apnoeische Oxygenierung eine normwertige Sauerstoffsättung erhalten werden. Schaut man sich die Daten der einzelnen Studien an, ergeben sich aus einzelnen Arbeiten etliche Fingerzeige auf einen umfassend positiven Effekt der apnoeischen Oxygenierung, der aufgrund der einfachheit der Technik nicht unbeachtet gelassen werden sollte. So verlängert die apnoeische Oxygenierung die Zeit der sicheren Apnoe während der Laryngoskopie und Intubation und vermindert die während dieser Zeit auftretenden Abfälle der Sauerstoffsättigung. Quelle